Über das Schauspielern
„Ich habe immer gespürt, dass ich eine ganz starke innere Weitsicht habe, einen Blick auf die Dinge, auf Menschen, auf Figuren, Inhalte, Themen und dass ich diese Weitsicht beschreiben, zeigen oder mitteilen möchte…
Auf sich selbst konzentrieren, den Blick nur nach innen richten, das muss natürlich sein, aber kombiniert werden mit einem Blick nach außen. Das muss sich die Waage halten.
Man darf ja in diesem Beruf mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammen arbeiten, und da hat es mir oft geholfen, auf den Technik-Unterricht zurückgreifen zu können, eine Technik zu haben, die einem hilft, etwas zu finden und etwas zu gestalten… es gibt Phasen, in denen man sich mehr für die eine Methode interessiert und denkt, jetzt packe ich es mal ganz von außen an, dann gibt es wieder andere Rollen, die ich aber ganz von innen her angehe… das sind Entscheidungen, die sich auf einzelne Projekte beziehen. Das ist nicht dogmatisch. Ich ziehe das nicht durch, wenn es nicht funktioniert, aber natürlich überlege ich mich vorher, was für Handwerkszeug ich einpacke, sozusagen von innen oder außen. Natürlich fügt sich das zum Schluss, wenn man die Rolle erarbeitet hat, zusammen und man kann den Unterschied oft gar nicht mehr erkennen.
Letztlich ist es immer das Ziel, sich ganz selbst zu zeigen. Auf der Schule habe ich gelernt, spiel das, was da ist, und mehr erstmal nicht. Vielleicht später mehr, aber erstmal nichts herstellen, was nicht da ist.
Ich habe aber im späteren Verlauf meiner Arbeit am Theater festgestellt, dass es bestimmte Situationen gibt, wo es einem hilft oder wo das sogar vom Regisseur verlangt wird, erstmal etwas herzustellen. Und später den Weg zurückzugehen zu meiner Persönlichkeit. Im Moment finde ich es sehr bereichernd, dass es beide Wege gibt. Ich muss aber sozusagen Herr der Lage bleiben: Was zeige ich genau von mir und wann mache ich zu, wann stelle ich etwas her, wann lasse ich jemanden durchblicken zu meiner Persönlichkeit. Das sind Dinge, die muss man beherrschen, wenn man den Beruf lange ausüben will. Und wenn man seine Persönlichkeit trotzdem bewahrt – das ist natürlich der Weg.
In meiner Entwicklung war Schauspielerei, ganz banal gesagt, das Erste, das mich nicht wirklich gelangweilt hat. Ich habe viele Sachen gemacht, die mich interessiert haben, die ich nach kurzer Zeit aber nicht mehr so spannend fand. Schauspielern war das Erste, was mich gefesselt hat.“
(Maren Eggert)
„Für mich ist Kunst vor allem ein Medium, ein Hilfsmittel, ein Anlass, ins Gespräch zu kommen. Andererseits glaube ich, dass du nur gute Kunst machen kannst, wenn du erstmal von dir selbst ausgehst… ich selbst muss es gut finden. Dass man so sehr bei sich selbst ist und diesen Zustand mit anderen teilt, im besten Fall ist das wie ein Gottesdienst. Es hat etwas Religiöses, Mystisches, wenn über hundert ganz verschiedene Leute zusammen sitzen und beim Menschsein zugucken. Vielleicht läuft dann ein kleiner oder großer Engel über die Bühne – deshalb mach‘ ich das. Und natürlich auch, weil es Spaß macht.
Natürlich kann ich im Theater oder im Film Sachen rauslassen, die ich mich im Leben nie trauen würde. Dass man so groß sein kann, das gefällt mir wahnsinnig.“
(Stefan Kurt)
„Durchs Spielen kann man viel Angst abbauen, insofern, als man ständig konfrontiert wird oder sich konfrontieren lassen kann, mit sich selbst. Das habe ich eigentlich immer, wenn es ging, gemacht, wenn die Rolle dementsprechend war. Aber es gab immer wieder Rollen dabei, die sehr viel angeklingelt haben in mir.
Früher hatte ich immer das Gefühl, jetzt bin ich dran, entschuldige, ich mach ganz schnell, dann kannst du wieder. Heute denke ich, ich habe hier mein Recht, ich probe. Früher ging das nicht. Jetzt kann ich die Bereiche, die früher abgekapselt sein mussten, auch freilegen. Und dann können die natürlich auch mitspielen. Ich habe jetzt das Gefühl, dass ich jetzt v iel mehr den Dialog geniessen kann zwischen dem Publikum und mir, ich muss mich nicht mehr so viel verstecken. Ich finde es immer noch wichtig, eine Figur zu haben, klar, die brauche ich. Aber ich brauche nicht mehr so viel Maskerade, um mich zeigen zu können, um was durchscheinen zu lassen.
… was ich auf der Schule gelernt habe, ist, Bögen zu spielen: Was will ich in der Szene, wo will ich hin. Das ist wichtig. Dass man sich festlegt für eine Probe. Das will ich jetzt erstmal, das probier ich mal aus, mal gucken, was dann passiert… man spielt erstmal von A nach B und dann guck ich später, wie ich das füllen kann. Und probiere es nochmal aus, und dann geht es oder geht nicht und dann kann man es noch mal umwurschteln. Weil ich es schön finde, wenn sich was entwickelt. Diesen Weg zu gehen mag ich gern. Durch sich durchzugehen und zu sehen, an welcher Ecke was ist, das dann wahrzunehmen, rauszukramen und zu gucken, wie man das jetzt am besten vermitteln kann. Die Empfindungen. Oder so…
Was ich vor allem möchte, ist, Menschen mit ihren Gefühlen zu konfrontieren. Mit allen Arten von Gefühlen. Mit hässlichen, mit traurigen, mit schönen, mit sonstwiewas. Das ist mir ganz wichtig, dass ich da was berühren kann. Dass ich da was aufwecken kann, gerne über den liebevollen Weg, dass die Leute mitkommen können, dass man sie mitnehmen kann. Das ist mein Verlangen. Man kann Menschen mehr über die Liebe erreichen als über Hass oder Böswilligkeit oder so was. Ich möchte es über eine liebevolle Hinwendung.
… ein bisschen Führung ist immer da. Es kann mal ein festes Seil oder ein Fädchen sein. Ich muss ja wissen, auch wenn ich dann austicke, genau da muss ich mich wieder kriegen. Ich habe Partner, auf die ich achten muss. Ich möchte, wenn ich auf der Bühne bin, Kontrolle haben. Das ist der Schutz, den ich brauche. Weil es ja ein Job ist, ein sehr sehr schöner, aber den Schutz brauche ich.“
(Paula Dombrowski)
Aus Gesprächen mit Boy-Gobert-Preisträger*innen in „Beruf: Schauspieler, vom Leben auf und hinter der Bühne“, herausgegeben von Ulrich Khuon.
Auch eine Absolventin der Fritz-Kirchhoff-Schule ist mit dem Boy-Gobert-Preis ausgezeichnet worden: Silke Jensen.