Schauspieltraining

Exercises zur realistischen Menschendarstellung (Schauspieltraining)

Schauspieltraining basiert heute auf den Grundlagen des Systems von Konstantin S. Stanislawski, fortgeführt und weiterentwickelt von Schauspielern, Schauspiellehrern und Regisseuren wie Michael Tschechow, Sanford Meisner, William Esper, Stella Adler…
Sanford Meisner und Stella Adler z.B., Gründungsmitglieder des legendären Group – Theatres in den USA der 30er Jahre, erschufen ihre Systeme von Schauspielübungen , die sich direkt mit einer der größten Herausforderungen eines Schauspielers auseinandersetzen, nämlich dem wahrhaftigen Verhalten in imaginären Umständen.

• „The truth in art is the truth in circumstances.“ „Die Wahrheit in der Kunst ist in der Wahrheit der Umstände.“ Stella Adler

Unser Ziel ist Spontaneität, Freiheit und Verletzlichkeit. Und indem du dich selbst in Ruhe lässt und in wirklichem Kontakt mit deinem Partner bist, wirst du lernen dich ehrlich und überzeugend auszudrücken. Wir lehren zunächst einmal einfach das: Unter vorgestellten Umständen wahrhaft leben und tun und zwar als du selbst und bewegen uns dann zu mehr und mehr komplexen Charakteren und Szenen mit Hilfe einer Serie von Übungen die von Sanford Meisner entwickelt wurden und hervorragende Schauspieler und Künstler hervorgebracht hat.

„… Damit ihr wahrhaft verletzlich seid, wenn ihr spielt, müsst ihr in einem besonderen Zustand sein, einem emotionalen, physischen und mentalen Befinden, das ich denkreativen Zustand nenne. Der kreative Zustand ist eine entscheidende Sache für Schauspieler, die es anzunehmen gilt, besonders wenn sie mit diesem Teil der Arbeit beginnen.
Wie kann ich es beschreiben? Der kreative Zustand ist ein Zustand der vollständigen Entspannung. Ihr seid sehr wachsam und absolut offen, bereit jede Erfahrung zuzulassen – alles aufzunehmen und darauf vollständig zu reagieren. In dem kreativen Zustand habt ihr einen Sinn für waghalsige Abenteuer. Es kümmert euch nicht was passiert und wo Späne fallen. Eure Aufmerksamkeit gilt allein dem erhebenden Gefühl der Reise; das Ziel kümmert euch nicht.
In dem kreativen Zustand ist das Leben ein Abenteuer. Ihr liebt das erhebende Gefühl eines jeden einzelnen Momentes. Es ist das Gegenteil dessen was ihr seht, wenn Schauspieler ihr Handwerk von einem Standpunkt der Angst und Schüchternheit angehen, aus dem Wunsch heraus, alles richtig machen zu wollen und eine Szene in einer bestimmten Weise zu gestalten. In dem kreativen Zustand lasst ihr all das los und nehmt den freien Fall des nicht Wissens was als nächstes geschieht an. Ihr hebt an der Bergspitze ab und lasst euch selbst ohne Kontrolle den Berg herunter laufen. Es ist eine aufregende Erfahrung auf diese Weise zu arbeiten und eine aufregende Erfahrung anderen bei dieser Arbeit zuzusehen.“ William Esper

„Michael Tschechows einzigartiger Beitrag zur Schauspielkunst war immer eines der bestgehüteten Geheimnisse in der Theater- und Filmwelt. Konstantin Stanislawski sah in ihm seinen brilliantesten Schüler und bis heute sagt man, dass Michael Tschechow wohl der grösste Schauspieler ist, den Russland jemals hervorgebracht hat. Die Tschechow Technik ist ein sehr freier Weg, um als Schauspieler zu arbeiten. Das Material, dem wir begegnen, erzielt eine sofortige Wirkung und belohnt umgehend. Seine Technik verhilft zu Inspiration und dazu, einen kreativen Zustand zu erreichen, in dem es einerseits Freude macht zu sein und der gleichzeitig voller Ausdruckskraft ist.“ Lenard Petit

 

Heute erfährt Tschechows Schauspiel-Methode ihre Wiederentdeckung in weltweitem Ausmass. Schauspieler und Künstler entdecken in ihr bleibende Mittel, um die diversen Ebenen und Schichten des eigenen Spiels konsequent zu verbessern.
Das Arbeiten mit Energie, das Wirken von Energie oder das energetische Wechselspiel von Körper und Geist, von Psychologie und physischem Ausdruck, die gegenseitige Beeinflussung von Imagination, Visualisation und Energie sind heute keine Geheimnisse mehr.

„Von einem Schauspieler wünschen wir uns Unmittelbarkeit, Ehrlichkeit seines Verhaltens, Offenheit für den Moment, Bereitschaft sich verändern zu lassen, interessiert an allem menschlichen zu sein. Schauspielerei ist sowohl Kunst als auch Handwerk. Wir wollen die künstlerische Ausdruckskraft und Fähigkeit entwickeln und fördern, das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dazu gehören Vorstellungskraft und Kreativität als auch Genauigkeit in der Vorbereitung, denn gutes Spiel ist kein Zufallsprodukt. Das Ziel ist es künstlerische Freiheit mit und in der Form des Handwerks zu erlangen.
Im Laufe des Schauspieltrainings werden wir uns mit verschiedenen Techniken auseinandersetzen, die alle das eine Ziel haben: den Schauspieler wahrhaft und transparent und lebendig, präsent, werden zu lassen.“

„Am Anfang aller Theaterarbeit soll Spiel stehen. Von Beginn der Ausbildung an sollen immer wieder spielerische Versuche unsere Arbeit begleiten.
Spiele sollen uns innerlich und äußerlich beweglich machen, nähern wir uns dem Spiel von Rollen, dem szenischen Spiel, sollen wir offen sein dem Überraschenden, dem Spontanen und Frischen, doch „mit so etwas wie Ernst dabei“, wie Georg Büchner sagt.
Spielend konzentrieren wir uns auf die Spielanlässe, auf die Bedeutungen und die Partner. Ein wahrnehmender Schauspieler ist ein lebendiger und deshalb präsenter Schauspieler. Das Wahrnehmen durchpulst uns, lädt unseren Körper, unsere Seele und unser Denken auf, steigert unsere Reaktionsfähigkeit, rührt unser Inneres auf und drängt es zur Äußerung, lässt unsere Stimme schwingen, unsere Sprache den Raum füllen, unsere Bewegungen und Gesten ausgreifen und unsere Gefühle strömen.
Wahrnehmungsschulung zielt auf die Wahrnehmung der anderen. In diesem Sinne ist sie elementare Menschenbildung und Schulung für die Bühne zugleich. Wenn wir uns zum Schauspieler ausbilden, schärfen wir den Blick für das Verhalten der Leute, wir studieren das Leben – auf der Strasse, in Kneipen und Banken, in Warenhäusern, Bahnhöfen, Plätzen, Fabriken, Krankenhäusern, Hotels, Eisenbahnen, Elendsquartieren oder Cafés – wir interessieren uns für die Menschen, für ihr Verhalten. Erinnerungen an andere Menschen und deren Verhalten bergen in uns einen Schatz, den wir nur zu heben brauchen.
Vor allem aber Erinnerungen zu wecken an eigene Erlebnisse, sie bewusst und zugänglich zu machen, ist ein wichtiges Anliegen der Ausbildung. In Erinnerungsübungen beginnen wir mit dem Spielen von Erinnerungen an einfache Handlungen und alltägliche Begebenheiten.
Aber auch auf vorgestellte Welten uns einzulassen, fiktive Bedingungen für real zu halten und spontan darauf zu reagieren, muss als Fähigkeit geweckt werden. Theaterspielen ist Handeln unter angenommenen Bedingungen.
Die Komplexität des Theaterspiels stellt einen enormen Anspruch an die Vorstellungs- und Einbildungskraft, an die Konzentrationsfähigkeit und Handlungsbereitschaft der Spieler.
Bis zur Meisterschaft ist der Weg auch für Begabte lang. Übungen, welche die Imaginationskräfte wecken und das Handlungsvermögen stärken und organisieren helfen, verkürzen diesen Weg.“ Felix Rellstab

Lehrer für Schauspieltraining: Marcus Staiger